Charles-Louis Prinz von Merode berichtet über den Brand:
 
Montag, 19. Juni 2000, kurz vor 11 Uhr vormittags. Ich sprach im Innenhof des Schlosses mit Herrn Schulz aus der Kreuzherrenstrasse und Herrn Schmitz aus dem Forsthaus in Jüngersdorf. Zurück in meinem Büro, setzte ich mich an den Computer.
Ich hob den Kopf über den Bildschirm und sah plötzlich dicke Rauchwolken aus dem Dach steigen, um einen der Kamine herum. Ich rannte in den Hof.
Herr Schmitz war auch wieder eingetroffen. Wir hatten kurz zuvor erst miteinander gesprochen. Es brannte wirklich. Ich lief zurück ins Büro und rief die Feuerwehr.
Aus Versehen wählte ich die Notfallnummer 110, was aber sofort weitergeleitet wurde. " Wir machen das schon, retten Sie die Menschen". Ich rannte durchs Haus. "Feuer! Feuer!" Meine Frau und die drei Mitarbeiter des Verlags kamen sofort in den Hof. Unser drittältester Sohn, Charles-Adrien, schlief noch im 3. Stockwerk.
Er hatte am Abend zuvor bis tief in die Nacht sein Abitur gefeiert. Im Bademantel mußte er ins Freie laufen. Das Rote Kreuz hat ihn bald danach bekleidet. Sie haben für solche Fälle zum Glück einen Vorrat. Von Herrn Nonn erhielt er eine Jacke. Eine Hose und Schuhe von Frau Sabine Vitzer.
 
Wir haben dann sofort begonnen, Mobiliar aus dem Schloss zu tragen, aber nach etwa einer Viertelstunde wurde der Rauch in allen Räumen so dicht, daß ich den Befehl gab, alles fort zu stoppen.
Es hatte keinen Zweck. Es war einfach zu gefährlich. Die Männer der Freiwilligen Feuerwehr waren sehr schnell da, obwohl sie doch von ihrer Arbeitsstelle gerufen werden mußten. Meine Frau führte sie auf direktem Weg zum Speicher. Herr Schulz, der auch sofort wieder da war, zeigte einer anderen Gruppe einen zweiten Weg. Man hoffte noch, daß es nur ein Schwelbrand sei, den man von Innen bekämpfen konnte. Doch es war viel zu heiß da oben. Die Männer kamen zurück. Bald war auch im Innenhof die Hitze unerträglich und wir mußten alle vor das Tor gehen.
 
Aus dem Dach schlugen schon die Flammen. Ich mußte tatenlos zusehen, wie sie sich schrittweise weiterfrassen. Die Aufgabe für die Feuerwehr war äußerst schwierig. Doch Dank ihres großen Einsatzes konnte der Kapellenturm gerettet werden. Dort entstand dann auch nicht so ein verheerender Wasserschaden. Das war eine großartige Leistung, für ich sich sehr dankbar bin. Ich hatte zwischenzeitlich die große Sorge, daß das Feuer überhaupt nicht mehr einzudämmen sein würde. Doch mit extremen Mitteln, zuletzt der überlangen Leiter, gelang es schließlich. Gott sei Dank.
 
Ich schaute noch völlig entsetzt auf die Flammen meines Hauses, da war schon die Presse da und befragte mich. Auch die Kriminalpolizei kam. Es war so ausgesprochen schwierig, auf alles zu achten, wenn man so aufgeregt ist und völlig ohnmächtig einer solchen Katastrophe zuschauen muß. Ich sollte den Herren schon darüber Auskunft geben, welche Zukunftspläne ich hatte, während ich eigentlich dachte, ich sei mitten in einem Alptraum. Ganz tief in meine Herzen hatte ich aber schon die Überzeugung, daß mit dem heutigen Brand die Geschichte des Schlosses an diesem Tag nicht zu Ende gehen würde. Ich war fest entschlossen, dieses Denkmal zu retten. Es ist doch eines der wesentlichen Kulturdenkmäler unserer Region.
 
Wir alle hängen an unserem Schloss, nicht nur ich als Eigentümer. Das konnte man nun sehr deutlich sehen. Über 830 Jahre Verbundenheit mit dem Dorf und der Umgebung, das kann man nicht einfach wegfegen. Ich erinnere mich an meinen Großvater, den Fürsten von Merode. Er wollte 1945 nach Kriegsende von Belgien kommend, nach dem Schloß sehen. Es war bombardiert worden. Die Engländer hatten die Zone besetzt und es war sehr schwer für einen Belgier, überhaupt eine Einreisegenehmigung zu bekommen. Die Engländer fanden es offenbar merkwürdig, daß ein belgischer Prinz unbedingt in Deutschland nach seinem Besitz schauen wollte. Er durfte nur einen Tag in Merode verbringen. Da es keinen Schnellzug gab, mußte er an der Grenze in Eupen übernachten um möglichst früh hier und abends wieder zurück zu sein. Er kam über D'horn nach Merode und wurde wegen seines Autos erkannt. Ein Mann rannte auf ihn zu, begrüßte ihn und sagte mit freundlichem Gesicht: " Das Leben fängt wieder an!" Dieser Satz hat ihn so beeindruckt, daß er, als er das desolate, bombardierte Schloss sah, beschloß: "Ich baue es wieder auf!".
 
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